Am 21. Oktober 2023 fand in der Kapelle auf dem alten Reppenstedter Friedhof an der Lüneburger Landstraße die erste Kapellen-Kultur, eine neue Reihe von Kulturveranstaltungen in den Friedhofskapellen der Samtgemeinde, statt. Den Auftakt zur ersten Kapellen-Kultur machte Nils Aulike, der nach Jahren als Kulturarbeiter in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel nun wieder vermehrt in seiner Heimat Reppenstedt tätig ist. Unter dem Titel „Oh, Fluch eurer Seele“ eröffnete Aulike die neue Kulturreihe mit einem literarischen Programm, das sich dem Sizilien des ausgehenden 19. Jahrhunderts widmete.
In der von Kandelabern und warmen Kerzenlicht stimmungsvoll erleuchteten Kapelle trug ein konzentrierter Nils Aulike ausgewählte Novellen von Giovanni Verga vor. Zu Unrecht weitestgehend vergessen, gehört Giovanni Verga zu den Meistern der italienischen Erzählkunst. Der von Armut, Ehre, Kirche und die Menschen treibenden Leiden und Leidenschaften geprägte Lebensalltag einer armen ländlichen Bauerngesellschaft stand im Mittelpunkt einer fesselnden Auswahl an Novellen Vergas. In Erzählungen wie die „Sizilianische Bauernehre“, „Die Wölfin“, „Das goldene Schlüsselchen“, „Wolfsjagd“ oder „Der letzte Tag“, deren dramatische Qualität durch die souveräne und nuancierte Vortragsstimme Aulikes besonders betont wurde, erspürte das Publikum die immerwährenden Wahrheiten dessen, was das Wesen des Menschen seit Ewigkeiten in seinem Dasein ausmacht. Vergangenheit und Gegenwart, Gegenwart und Zukunft. In diesen zeitlosen Novellen von bestechender nüchterner Schlichtheit, nahezu anderthalb Jahrhunderte alt, sind sie zur Wiederentdeckung empfohlen.
In der Pause bot sich dem interessierten Publikum die Möglichkeit, das selbst mitgebrachte Picknick mit Getränken zu genießen und mit dem Vorleser in ein Gespräch über das gerade Gehörte zu treten. Dass Kultur an diesem ungewöhnlichen Ort seinen Platz finden kann, zeigte dieser Abend - nicht zuletzt durch die angeregten Pausengespräche.
Nach knapp zwei Stunden entließ Nils Aulike das angeregte Publikum nachdenklich und berührt in die frische und deutlich herbstliche Nachtluft. Ein leichter Wind ging an diesem Samstagabend durch die Stille der alten Bäume des Reppenstedter Friedhofs, das schummrige Laternenlicht brach sich auf nasser Erde, und so mancher schlug den Kragen hoch auf dem Weg gen heimelige Behausung, die Lungen voll herbstklarer Luft und das Herz voll Menschlichkeit.
Freuen Sie sich schon bald im Rahmen der Kapelle-Kultur auf weitere Veranstaltungen literarischer, musikalischer und anderweitiger Natur in den Friedhofskapellen Ihrer Samtgemeinde.
Lokale und regionale Künstler können sich gerne mit Anfragen an die Friedhofsverwaltung der Samtgemeinde Gellersen, Andrea Paepke, wenden (Tel. 04131 6727-215 oder per E-Mail: ordnungsamt@gellersen.de).